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Wehrmanngewehre – Die Technik
 

 

Von Wolfgang Finze / Rostock

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Anhand zweier Wehrmannbüchsen sollen die technischen Veränderungen beschrieben werden, die aus einem militärischen Gewehr 98 eine zivile Wehrmannbüchse machen.
Beide Waffen wurden von Büchsenmachern nach dem ersten Weltkrieg aus Gewehren 98 hergestellt. Die Läufe beider Waffen haben 6 Züge mit sehr schmalen Feldern und einer Drall-Länge von ca. 36cm. Das Laufprofil unterscheidet sich somit von dem der meisten Feuerstutzen.

Um ein Gewehr 88 oder ein Gewehr 98 in ein Wehrmanngewehr umzubauen, müssen – technisch betrachtet –  lediglich ein neuer Lauf mit einem für Bleigeschosse geeigneten Profil und passendem Patronenlager montiert sowie der Verschlusskopf und der Auszieher an die neue Patrone angepasst werden. Der Kopf des Verschlusszylinders wurde dabei so umgearbeitet, dass der den Rand der Patrone aufnehmen konnte. Weiterhin wurde der Auszieher an die Randhülse angepasst. Ein Vergleich zwischen dem Verschlusskopf eines Gewehrs 98 und eines Wehrmanngewehrs zeigt die vorgenommenen Änderungen.



Abbildung: Verschlusskopf Wehrmanngewehr und Gewehr 98 
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Eventuelle weitere Veränderungen ergeben sich aus den jeweiligen Vorgaben für den sportlichen Einsatz. In der Ausschreibung für das 20. Deutsche Bundesschießen in Leipzig 1934 finden sich folgende weitere Vorgaben für Wehrmanngewehre.

"Das Anbringen von Gläsern ist nicht gestattet, dagegen sind Diopterbrillen zugelassen. Patronenlager und Züge können beliebiger Konstruktion sein. Der Druckpunkt muß 1,5 Kilogramm halten. …, nur als Einzellader benutzbar. Die Visierkimme muß dreieckig, das Korn dachförmig, letztes kann an der Oberkante bis 2mm breit sein. Visier und Korn können seitlich verstellbar sein."

Meist wurde deshalb auch der Druckpunktabzug überarbeitet, um eine bessere Charakteristik und einen geringeren Abzugswiderstand zu erreichen, der allerdings nicht weniger als 1500 Gramm betragen durfte. Andere Abzüge, wie z.B. Stecher, waren für Wehrmanngewehre nicht zugelassen.

Abbildung: Magazinkasten Wehrmanngewehr (unten) und Gewehr 98 (oben)

Da vorgeschrieben war, Wehrmanngewehre nur als Einzellader zu nutzen, wurde bei Umbauten meist nur der Magazinkasten mit einem passenden Holzblock aufgefüllt, der durch die originale Magazinfeder in seiner Position fixiert wurde.
Bei manchen Umbauten wurde das Magazin nicht verändert. Trotzdem können auch solche Wehrmanngewehre nicht als Mehrlader benutzt werden, denn die kurze Randpatrone 8,15x46R verklemmt sich im Magazin des auf die Militärpatrone M.88 (bzw. M.03) abgestimmten Magazins und kann nicht repetiert werden.

Abbildung: Deutsche Militärpatrone und Schützenpatrone 8,15x46R im Größenvergleich

Fotos: Wolfgang Finze 

 

Durch eine aufwändige Änderung am Schlosszylinder ist ist bei einer der beiden Waffen der Schlagbolzenweg gegenüber dem Gewehr 98 um mehr als 4 mm verkürzt. Das führt zu einer schnelleren Schussentwicklung und vermindert die Gefahr, die Waffe beim Schuss zu verreißen.

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Die Visierung

Vor dem ersten Weltkrieg glich die Visierung der Wehrmanngewehre äußerlich der der Militärwaffen, war aber an die ballistischen Leistungen der Schützenpatrone angepasst. Oft sind solche Anpassungen erst auf den zweiten Blick sichtbar, wie beim „gedrehten“ Visierschieber auf dem Wehrmannsgewehr 1 zu sehen ist. Der Zweck Drehung des Schiebers war, das Visier in kleineren Schritten einstellen zu können.

Auch die Korne der beiden Wehrmannsgewehre, die je nach Visiervariante deutlich höher sind als bei Militärwaffen, sind oben abgeflacht und damit für das sportliche Schießen optimiert.

Abbildung: Visiervarianten Gewehr 98 und Wehrmanngewehr

In den 1920er Jahren setzten sich nach und nach Visierungen durch, die besser als das Militärvisier für das sportliche Schießen geeignet waren. Haenel in Suhl bot ein z.B. ein in Höhe und Seite fein einstellbares Visier an, das sich problemlos auf den Visiersockel des Lange-Visiers montieren ließ.

Abbildung: Haenel-Feinvisierung für Wehrmanngewehre (Seitenansicht links)

Fotos: Wolfgang Finze 

„Personalisierung“ eines Wehrmanngewehrs 

Während die eine Waffe (Wehrmannsgewehr 1) sehr einfach gehalten ist, wurde die andere Waffe (Wehrmannsgewehr 2) wesentlich aufwändiger umgebaut und an den sportlichen Einsatz angepasst. Der Lauf der Waffe hat ein Zug-/Feldmaß 8,06mm/7,80mm (.317"/.307"), der Magazinkasten ist mit einem Holzblock aufgefüllt. Das Abzugsgewicht beträgt im Mittel 1.848 Gramm. 

 

Ihr damaliger Besitzer hatte nicht nur ein in Höhe und Seite verstellbares Haenel-Feinvisier montiert, sondern auch den Schaft im Bereich des Pistolengriffs aufwendig punziert, um so einen besseren Halt der Hand zu erreichen. Außerdem wurde das „Schaftauge“ am Hinterschaft entfernt und durch Holzeinlagen ersetzt, die rechts das Monogramm des (damaligen) Besitzers tragen.

Nicht nur Feuerstutzen, sondern eben auch Wehrmanngewehre waren damals der ganze Stolz ihres Besitzers. Wie durch die Kontrollplakette am Hinterschaft belegt, nahm ihr (damaliger) Besitzer mit dieser Waffe am 20. Deutschen Bundesschießen in Leipzig teil.

 

 

Eine kleine Besonderheit der Schlagbolzenspitze

Manche Wehrmanngewehre weisen mit einer besonders gestalteten Schlagbolzenspitze noch eine kleine – eher unauffällige – Besonderheit auf. Der Abdruck des Schlagbolzens auf dem Zündhütchen kennzeichnete so die abgeschossene Hülse. Peinlichen Fragen wie „Sind sie sicher, dass das ihre Hülsen sind, die sie da gerade aufheben?“ ließ sich nun durch einen Blick auf das abgeschossene Zündhütchen ganz einfach beantworten. Nicht unwichtig in Zeiten, in denen Hülsen teuer waren und manche Schützen kaum mehr als 30 oder 40 Hülsen besaßen!

Fotos: Wolfgang Finze 

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Die Schießleistung heute 

Zur Technik gehört auch die Antwort auf die Frage, wie gut denn Wehrmanngewehre schießen. Nach eigenen Tests lassen sich mit auf die Waffe abgestimmter Munition auch heute noch problemlos auf 100m 5-Schuß-Gruppen von deutlich unter 50mm/100m Durchmesser (gemessen von Lochmitte-Lochmitte) erreichen. Bedingung ist allerdings, dass der Lauf in einem guten Zustand ist und weder im Übergangskonus noch in der Seele Korrosionsspuren aufweist.


Verwendete Literatur:
Maretsch, Otto: Moderne Scheibenwaffen; Berlin 1911
Ausschreibung zum 20.Deutschen Bundesschießen; Leipzig 1934

Hinweis: Vom gleichen Autor findet sich ein Artikel zum Test von Wehrmanngewehren in der Zeitschrift VISIER 12/2007 S.32-35

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© Text & Abbildungen Wolfgang Finze / Juli 2008

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